ZUM THEMA ASTROLOGIE:

Etwa bis zur Mitte der 80er Jahre war die kritische Haltung von theologischer und kirchlicher Seite gegenüber der Astrologie ziemlich eindeutig. Die Astrologie wurde als Wahrsagerei abgelehnt. Sie sei, so die Kritik, mit der Freiheit des Christen unvereinbar, da sie Fatalismus und Abhängigkeit fördere. Sie vertrete ein Weltbild, das unvereinbar sei mit dem christlichen Weltbild. Und nicht zuletzt sei die prophetische Kritik im Alten Testament an den Astrologen und Sehern so klar und eindeutig, dass sich für jeden Christen der Umgang mit der Astrologie von vornherein verbiete. Einige kirchliche Kritiker gingen und gehen noch weiter, indem sie Astrologie von vornherein als Teilgebiet des Okkultismus ausweisen und jeden, der sich mit Okkultismus im allgemeinen und Astrologie im besonderen befaßt, als »okkult behaftet« oder »okkult belastet« bezeichnen. Ein solcher Mensch brauche unbedingt seelsorgerliche Hilfe und müsse von seinem Tun ablassen.

Zwei Ausnahmen sind hier dennoch zu nennen. 1979 erschien in der »Theologischen Realenzyklopädie« ein ausführlicher, abgewogener Sachartikel »Astrologie«, der nicht in die ablehnende Kritik einstimmte, sondern in der Sache korrekt und im Argument geduldig das Für und Wider der modernen Astrologie erörtertet.

1980 veröffentlichte der katholische Benediktinerpater Gerhard Voss seine Arbeit »Astrologie christlich«, die vor allem einen meditativen und spirituellen Zugang zum Horoskop für möglich hielt und erörterte. Soweit ich sehe, sind diese beiden Ausnahmen innerhalb der kirchlichen Publizistik ohne wahrnehmbare Resonanz geblieben - jedenfalls bis in die Mitte der 80er Jahre. Das Thema »Okkultismus«, insbesondere der sogenannten »Jugendokkultismus«, ist seit den frühen 80er Jahren ein Dauerthema kirchlicher Apologetik. Ich habe jedoch in den apologetischen Schriften zu diesem Themenbereich, der stets auch die Astrologie mit einbezieht, keinen Hinweis auf den Sachartikel »Astrologie« der »Theologischen Realenzyklopädie« oder auf die Veröffentlichung von Gerhard Voss gefunden. Unter den apologetischen Schriften gegen die Astrologie ist Friedrich-Wilhelm Haacks Heft »Astrologie«, in den 70er Jahren erstmals erschienen und seither häufig in jeweils überarbeiteten Auflagen neu herausgebracht, die wohl bekannteste Arbeit. Auch bei seinen Überarbeitungen in den 80er Jahren hat Haack die Schrift von Voss und den Sachartikel »Astrologie« der »Theologischen Realenzyklopädie« nicht berücksichtigt. Die Haltung im evangelisch-kirchlichen Bereich ist seit Mitte der 80er Jahre etwas nachdenklicher und zuhörensbereiter geworden, zumindest auf der Ebene einer fachlichen theologischen Diskussion. Dazu haben die Schriften von Siegfried Böhringer beigetragen, 1986 und 1990 erschienen, und vielleicht auch meine eigene Arbeit über »Die Kirchen und die Astrologie«. Die »Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen« hat in ihrem »Arbeitskreis PSI und christlicher Glaube« seit 1990 mehrfach die Astrologie erörtert. Diese neue Nachdenklichkeit wird freilich vorerst unter verhältnismäßig wenigen Spezialisten kultiviert. Nur wenige Theologen bringen genügend Interesse an Astrologie auf, um nach Jahrhunderten der pauschalen Ablehnung seitens der Kirchen noch behutsam und (selbst-) kritisch nachzufragen. Nur wenige Astrologen vermuten unter Theologen überhaupt zugewandte Gesprächspartner - was eben auch mit der jahrhundertelangen Ablehnung zu tun hat. An der kirchlichen Basis ist die astrologie-bezügliche Nachdenklichkeit einiger Theologen noch keineswegs »angekommen«.

Um die Argumente von kirchlicher Seite gegen die Astrologie einigermaßen präzise wiederzugeben, möchte ich hier aus zwei etwas älteren Kirchenlexika zitieren - 1956 bzw. 1957 erschienen. Diese Argumente sind auch heute nach wie vor zu hören.

»Die geläufigste Form der Astrologie ... ist jene, die aus einer Konstellation von Sternen ein sicheres Urteil über ein künftiges menschliches Geschehen ableiten zu können vorgibt, das der personalen Sphäre des Menschen angehört (... ): sie hat Fatalismus und Determinismus zur Voraussetzung. Solche Astrologie ist oft nichts als gewinnsüchtiges Ausnützen der Unwissenheit und des Aberglaubens und daher gegen Gerechtigkeit (Betrug) und Liebe (Ärgernis, Mitwirken zu fremden Sünden). Ernst genommen, ist sie Wahrsagerei und verstößt gegen die Tugend der Gottesverehrung. Mit deren Verurteilung in Schrift und Tradition ist auch sie getroffen. ... Gründe für die Zurückweisung sind: der Versuch der Aufhebung der bleibenden Überantwortetheit an den unverfügbaren Gott, die zum Wesen der Religion gehört, Hinausstreben über die wirklichen Grenzen menschlicher Erkenntnis, Leugnung der Willensfreiheit, Fatalismus vor der Sünde usw.«



»Astrologie bietet dem säkularen, vom kirchlichen Glauben gelösten Menschen einen Religionsersatz, der unter wissenschaftlichem Schein seinem Bedürfnis nach Vertrauen und Sicherung entgegenkommt. Dabei steht der Mensch in Gefahr, seine Entscheidungsfreiheit mit ängstlicher Bindung an jeweilige Gestirnkonstellationen zu vertauschen.

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